Theodor Fontane und Teupitz

Das ‚Fontane-Gasthaus‘ in Teupitz und die „Sternen“-Wirtin

Über seinen Aufenthalt im Gasthaus berichtete Theodor Fontane:

„Ich reiste am Freitagabend um acht hier ab und war um vier Uhr morgens in Teupitz, schlief drei Stunden in einem Bett, in dem wenigstens schon einer geschlafen hatte, fuhr dann über den schönen See, besuchte Schloß und Kirche, zuletzt einen Berg, von dem aus man die ganze Herrschaft Teupitz mit ihren Bergen und Seen überblickt, fuhr um zweieinhalb wieder ab und war um neuneinhalb schon wieder in Berlin.“ - Fontane, Brief an seine Frau Emilie am 23. Juni 1862

Der Bäckermeister Johann Friedrich Wilhelm Bullrich (1801-1885) war nachweis- lich seit 1809 Eigentümer des Grundstücks, das heute unter der Hausnummer „Teupitz Am Markt 1“ geführt wird. Seine Mutter war eine geborene Gottgetreu. Das war eine alteingesessene Teupitzer Familie, die mit Carl Wilhelm Gottgetreu einen der bekanntesten Teupitzer Bürgermeister (um 1830-1856) hervorbrachte. Dessen Wohnsitz befand sich ebenfalls direkt an dem uralten Markt und trägt heute die Hausnummer 17. Der in Potsdam geborene Apotheker und Erfinder des Bullrich-Salzes (1827/35), August Wilhelm Adolph Bullrich (1802-1859), war ein naher Verwandter des Teupitzer Bäckermeisters.

Die günstige Lage des Grundstücks zwischen Markt und Ufer des Teupitzer Sees veranlasste den Bäckermeister, den Gasthof „Zum goldenen Stern" zu errichten oder auszubauen. Wie damals üblich, wurde im Volksmund das Haus oft nur als „Bullrich‘s Gasthof“ bezeichnet. Nach seinem Tod leitete seine Frau, die Witwe Friederike Wilhelmine Bullrich diese Einkehr.

Im Jahre 1876 wurde der Sohn Otto Bullrich, Holzhändler und späterer Stadtverordneter von Teupitz, Eigentümer des Gasthofes. Das wird auch durch die oben gezeigte Postkarte dokumentiert. Aus Alters- oder Interessengründen verpachtete Otto Bullrich den Gasthof 1898 an die Gastwirtin Frau Mende und um 1901 an Robert Ritter. Im Jahr 1898 ließ er im Garten, nahe am Ufer, eine große Glashalle errichten, die ca. 300 Personen aufnehmen konnte zur Bewirtung, zum Tanz, zu Theater- und später zu Filmvorführungen oder nach 1945 zum Sportunterricht der Schule. Durch diese Investition und die versierten Pächter wurde der alte Gasthof um 1900 zum wichtigsten Zentrum des gesellschaftlichen Lebens von Teupitz und beliebten Anlaufpunkt des in jenen Jahren mächtig aufblühenden Fremdenverkehrs.

In der vom damaligen Teupitzer Kantor Franz Hoffmann, dem Großvater der heute im Schenkenländchen geschätzten Schweriner Gärtnerfamilie Hoffmann, 1902 veröffentlichten Teupitz-Geschichte heißt es: „Von den fünf Gastwirtschaften der Stadt wird am meisten die älteste derselben, der 'Bullrich'sche Gasthof 'Zum goldenen Stern', schon durch Fontane bekannt geworden, besucht."

Als Otto Bullrich den Gasthof 1904 an den Kaufmann Carl Moritz verkaufte, endete das erfolgreiche Wirken der Familie Bullrich in der Stadt. Heute erinnert noch die inoffizielle Flurbezeichnung eines Gebiets an der Grenze zu Schwerin an diese Familie: „Bullrich’s Höhe“.
Postkarte um 1928

Unter den neuen Eigentümern und Gastwirten Leonhard Söhnlein (1908-1917) und Paul Brendel (1921-1943) wurde das Hotel und Gasthaus "Zum goldenen Stern" zu einer gefragten touristischen Adresse im südlichen Brandenburg in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.

In der DDR wurde dieses Bullrich'sche Erbe zunächst als Konsum-Gaststätte bis 1967 weitergeführt, dann zu einer Kaufhalle und Arztpraxis umfunktioniert.
Zur Feierstunde des 1. Mai 1975 wurde auf Anregung des Ortschronisten Hans Sußmann von der Stadt Teupitz an dem Haus eine Tafel zur Erinnerung an die

Aufenthalte des großen Romanciers Theodor Fontane angebracht.
Leider waren bei der Anfertigung der Tafel die tatsächlichen Aufenthalte Fontanes den Akteuren unbekannt und wurde das Geburtsjahr falsch geschrieben, statt 1819 das Jahr 1813.

Die stadteigene Gedenktafel blieb mit den fehlerhaften Aussagen zu den Aufenthalten Fontanes etwa 30 Jahre dort hängen. 1995/1996 wurde das alte Gasthaus zugunsten eines neuen Geschäftshauses abgerissen und die Gedenktafel verschwand. Trotz jahrelanger Kritiken wurde seitens der Stadtverwaltung dieser Verlust oder Diebstahl nie untersucht und keine neue Tafel eingeweiht.

 

Die „Sternen“-Wirtin

In seinem Teupitz-Feuilleton zitiert Fontane in längeren Passagen die „Sternen“- Wirtin des Gasthauses „Zum goldenen Stern“, die sich beim Frühstück zu ihm gesetzt hatte:

„Das Picken des Nagelschmieds von der Ecke gegenüber weckt mich, und während die Frühstücksstunde kommt und die braunen Semmeln neben die noch braunere Kanne gestellt werden, setzt sich die ‚Sternen‘-Wirtin zu mir und unterhält mich von Teupitz und dem Teupitzer See. ‚Ja‘, so sagt sie, ‚was wäre Teupitz ohne den See. Wir wären längst ein Dorf, wenn wir das Wasser nicht hätten‘.“

Ich stellte Nachforschungen an, um zu ermitteln, wer sich genau hinter Fontanes „Sternen“-Wirtin verbirgt. Mein Ziel bestand darin, diese Person dem Vergessen zu entreißen und in Teupitz publik zu machen. In die Nachforschungen flossen Recherchen des Hobby-Familienforschers Werner Timann (Bubenreuth) und des Schweriner Ortschronisten Werner Exler ein.

Das Resultat dieser Nachforschungen veröffentlichte ich 2009: Hinter der „Sternen“-Wirtin verbirgt sich Friederike Wilhelmine Bullrich (1805-1881), geborene Hoffmann, die Eigentümerin dieser Einkehr. Sie ist keine literarische Fiktion‚ keine erfundene Figur.

1856 hatte sie das Zepter über den Gasthof übernommen, nachdem ihr Mann, der Bäckermeister und Gründer des Gasthofes, Johann Friedrich Wilhelm Bullrich verstorben war. 1862 war sie es, die Fontane begrüßte.

Die Gastwirtin Friederike Wilhelmine Bullrich ist in Teupitz so gut wie vergessen; das zu ändern, steht auf der Agenda, ist sie doch als „Sternen“-Wirtin in Deutschland und durch die Herausgabe der Fontane-Werke in mehr als 20 Sprachen weltweit die bekannteste Teupitzerin.

 
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"Fontane-Pavillion"

Während seines ersten Aufenthaltes in Teupitz am 21. Juni 1862 war Theodor Fontane auf den damals noch unbebauten Geesenberg gewandert und hatte die Aussicht auf die Stadt genossen:

„Wir haben den See befahren, das Schloß und die Kirche besucht, es bleibt uns nur noch der Geesenberg, ein Hügel am Südrande der Stadt gelegen, von dem aus man das gesamte Schenkenländchen überblickt. Wir erreichen seinen höchsten Punkt und haben in weitgespanntem Bogen eine Kessellandschaft vor und unter uns.“ - Fontane, Teupitz-Feuilleton 1862

Der Pavillon wurde erst 1908 als Aussicht der Landesklinik errichtet; im Volksmund wird er trotzdem mit dem Aufenthalt Fontanes verbunden. Die prächtige Aussicht wieder zu eröffnen und den Pavillon zur Erinnerung an den Fontanebesuch zu restaurieren und umzugestalten, könnte ein Beitrag zum 200. Geburtstag des Dichters sein. Entsprechende Vorschläge blieben bislang unbe- achtet und wurden abgelehnt.

Während der Vorbereitung auf das 700-jährige Jubiläum der Stadt wurde, initiiert vom BiKuT e. V., von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme- Spree die Berliner Planungsgruppe Landschaftsentwicklung „planland“ beauf- tragt, ein „Räumliches Gesamtkonzept Weinberg Teupitz“ auszuarbeiten. Dieses 15-seitige Konzept wurde am 5. Dezember 2006 fertig und der Klinik und der Stadt zur Verfügung gestellt. Darauf kann jederzeit zurückgegriffen werden. Sinnvoll realisiert und dem Naturschutz Rechnung tragend, könnte es sowohl dem Gesundheitsauftrag der Klinik als auch den touristischen Interessen der Stadt Teupitz dienen.

„Überschlage ich meine eigene Reiserei, so komme ich zu dem Resultat, daß ich von solchen Spritzfahrten in die Nähe viel, viel mehr Anregung, Vergnügen und Gesundheit gehabt habe, als von den großen Reisen, die sehr anstrengend, sehr kostspielig und meist demütigend sind. ... In Teupitz und Wusterhausen aber, und nun gar in Prignitz und Havelland bin ich immer glücklich gewesen.“ - Fontane an seinen Sohn Theo, 4. Mai 1894

Fontane-Park

1928 wurde Fontane anlässlich seines 30. Todestages von der Stadt durch die Namensgebung des Platzes hinter dem Kantorat geehrt – als ‚eigentlicher Entdecker der Schönheiten unseres Sees und unserer Stadt’.

Bei der Sanierung des Platzes 1989 wurde ein von Gerhart Kleinert, dem Vorsitzenden des hiesigen Anglerclubs, geschaffener Gedenkstein mit der Aufschrift ‚Fontane Park’ aufgestellt.

2003 konnte dieser Platz auf Initiative des Bürgermeisters Dr. Kuhl mit Mitteln der Städtebauförderung in Höhe von 165.000 € neu gestaltet werden als überzeugende Kombination von Kinderspiel-, Park- und städtischem Festplatz.

2011 wurde der Park vervollständigt  durch die attraktive „Seebrücke“, eingeweiht vom Architekten Vilco Scholz, Bürgermeister Dierk Schierhorn, Klaus Schwidde und André Kuhla (von rechts).

Die auf Stahlpfählen ruhende Stahlkonstruktion ragt ca. 30 m in den See; der Steg hat ein ca. 2,5 m hohes und festes Geländer in verzinktem Stahlgestell und ist mit Holzbohlen belegt. Eine Plattform von ca. 90 m² wird von einer Segel-Imitation überragt, die mittels Stahlseilen verankert ist. Die Brücke konnte mit Fördermittel um 450 TDM errichtet werden, wobei ca. 25 % der Kosten von der Stadt zu tragen waren. Zum Anlegen von Booten wurde an der Gutzmannstraße ein besonderer Steg errichtet. Die „Seebrücke“ ist ein Platz zum besinnlichen Nachdenken, ein Ausblick auf den schönen See und die ihn säumenden Ufer.

(Teupitzchronist L. Tyb'l)