Bedeutsame Bürgerinitiativen

Autor: Ortschronist Lothar Tyb'l

Die Kettensperre 1903-1910

Der  Eigentümer des Rittergutes Teupitz, Baron von Parpart, sperrte 1903 den Teupitzer See am Mochheide-Graben mit einer eisernen Kette. Er pochte auf seine Eigentumsrechte am See.

Sein Bediensteter, der Schiffer Ludwig Schultze, im Volksmund ‚Ketten-Schultze’ gerufen, musste den Durchfahrtzoll von allen Booten kassieren, indem er den an einer langen Stange befestigten Beutel den Passierenden entgegen hielt.

In Teupitz konstituierte sich daraufhin eine „Kommission zur Wahrung der öffentlichen Schifffahrts- und Uferrechte der Bürger von Teupitz und Bewohner der Umgegend“ unter Vorsitz des Teupitzer Färbermeisters Louis Schnell (Mitglieder: Paul Koch sen., Max Hoffmann, Louis Minkwitz) und dem Bevollmächtigten des Eigentümers von Gut Rankenheim.

Die Kommission legte eine rechtliche Begründung über den öffentlichen Charakter der Wasserstraße vor, brachte dafür zehn eidesstattliche Erklärungen von Schiffern zu Papier, sammelte 67 Unterschriften von Bürgern gegen die Seesperrung und legte Widerspruch ein beim Minister des Inneren, beim Minister für Handel und Gewerbe und über den Magistrat der Stadt beim Regierungspräsidenten in Potsdam. Der sich anschließende Rechtsstreit dauerte bis zum Sommer 1910; von Parpart war gerade wenige Wochen gestorben, als die Zivilkammer des Königlichen Landgerichts II in Berlin entschied, dass die Sperre zu beseitigen sei.

Die Erfahrungen der erfolgreichen Bürger-Kommission gehören zu den besonders wertvollen demokratischen Traditionen der Stadt.

Arbeiter- und Soldatenrat 1918 -1920

Im November 1918 entstanden im Gefolge der Novemberrevolution Arbeiter- und Soldatenräte in Deutschland und übernahmen teilweise die Macht. Im Kreis Teltow unterschrieb neben dem Landrat von Achenbach der Vorsitzende der ‚Zentralstelle der Arbeiter- und Soldatenräte des Kreises Teltow’, Alexander Pagels, alle Anordnungen.

In Teupitz wurde, ausgehend von einer Bekanntmachung des Soldatenrates der Garnison Pätz, im ‚Restaurant Marwitz’ am 17.11.1918 in einer Versammlung aller männlichen und weiblichen Einwohner über 20 Jahre ein Arbeiter- und Soldatenrat gewählt.

Mitglieder waren zunächst der Ackerbürger Paul Koch, sen. (1874–1955), der Wärter Bruno Kusche und der Invalide Otto Henow. Seine Vertreter nahmen an Rätekonferenzen in Berlin teil. Am 27. 4. 1919 wurde darüber hinaus ein Bauern- und Landarbeiterrat für Teupitz/ Egsdorf gewählt, dem aus Teupitz die Landarbeiter Franz Warbinsky und Ernst Lademann sowie der Landwirt Hermann Dauert angehörten.

Die Räte arbeiteten eng mit dem am 23.10.1918 neu gewählten Bürgermeister Paul Lehmann zusammen. Ihre Aufgaben waren die Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit und die Einziehung aller Waffen und Munition, die Bekämpfung des Schleichhandels und die Überwachung der gerechten Verteilung der Lebensmittel.

Nach der Wahl der Nationalversammlung am 19.1.1919 und dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung am 11.8.1919 wurden die Räte schrittweise entmachtet; im Betriebsrätegesetz vom 4.2.1920 lebte ihre Erfahrung fort. In Teupitz beschloss die Stadtverordneten-versammlung am 14.1.1920 die Auflösung des hiesigen Arbeiterrats und entzog Koch, Kusche und Henow die Ausweise.

Das Wirken des Arbeiter-und Soldatenrates gehört im eher kaisertreuen Teupitz zu den überraschenden Traditionen und wurde in den folgenden Jahren so gut wie vergessen.

Der Runde Tisch 1989 / 90

Wie in vielen Orten der DDR entstand in der Wendezeit 1989/90 auch in Teupitz ein ‚Runder Tisch’. Nachfragen stoßen 18 Jahre später allerdings auf beträchtliche Hindernisse. Nicht wenige aktive Bürger meinen, dass es ihn gar nicht gegeben hätte. Andere halten ihn für so nebensächlich, dass er keiner Erinnerung wert sei. Wieder andere meinen, ohne Fakten zu nennen, dass dort ehemalige ‚Stasileute mitmischten’, die ihn zum Scheitern verurteilten. Manche wollen über dieses Thema einfach nicht reden, möglicherweise aus Sorge, damalige Illusionen oder später vollzogene Kehrtwendungen könnten ins Blickfeld geraten.

Das hiesige Erinnerungsspektrum neigt sich also eher zum Negativen, obwohl im krassen Gegensatz dazu die ‚Runden Tische’ im Allgemeinen als wertvolle und eigenartige Erschei- nungen des demokratischen Aufbruchs in der untergehenden DDR hervorgehoben werden.

Der Autor, Dr. phil. Lothar Tyb’l, Jahrgang 1937, wohnhaft in Berlin, hat auf der Grundlage seiner Erkundungen zur Teupitzgeschichte über bis 2012 ca. 200, 35 Broschüren und 4 Bücher (2 als Mitautor) veröffentlicht, darunter die Bücher „Teupitz am See. Historischer Stadtführer“ und „Teupitzer Miniaturen“.

In dem vorliegenden Heft analysiert der Autor das fast vergessene Wirken des ‚Runden Tisches’ 1989/90 in Teupitz.

Der Runde Tisch 1989 / 90 (PDF-Datei, 176 KB)